Mit dem Elektroauto zur Grabstelle
Begleitdienst für Trauernde – Ehrenamtliche gesucht
Von Kerstin Sewöster
Westfalen-Blatt, 14. Juni 2025
Bielefeld (WB). Verstorbene auf dem Friedhof zu besuchen, spendet Trost. Für manche Trauernde, zum Beispiel ältere oder bewegungseingeschränkte Menschen, sind diese Besuche jedoch schwierig bis unmöglich. Die Sozial AG bietet jetzt Hilfe.
Franz Schaible, Gründer der Sozial AG und Projektinitiator, hatte die Idee zu einem Begleitdienst für Trauernde. Egal, ob die Kinder/Enkel zu weit weg wohnen oder die Betroffenen auf sich gestellt sind – wer eine Begleitung benötigt, wendet sich telefonisch an den Dienst, wird abgeholt und mit dem Elektroauto auf den Friedhof möglichst nah zur Grabstelle gebracht und dann direkt dorthin begleitet.
„Es ist auch möglich, auf dem Weg zum Friedhof bei einer Gärtnerei anzuhalten, um Blumen mitzunehmen, oder anschließend mit dem Begleiter in einem Café zu sprechen“, wünscht sich Schaible für sein jüngstes Projekt.
Die Begleiter arbeiten ehrenamtlich, sind aber gut vorbereitet, um im Fall noch ganz frischer Trauer auf die Menschen eingehen zu können. „Wir haben Gespräche mit Bestattern geführt und wichtige Tipps erhalten, Erste-HilfeKenntnisse aufgefrischt und auch ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis“, zählt Alev Karabag auf. Sie leitet das Projekt und ist eine von zurzeit drei Ehrenamtlichen, die bereits Begleitdienste übernehmen.
Da ist noch viel Luft nach oben, findet Franz Schaible. In diesen Tagen werden Faltblätter ausgelegt – in christlichen und muslimischen Gemeinden, bei den Ausgabestellen für Lebensmittel, in der Friedhofsverwaltung, bei den Bestattern, in Seniorenheimen und bei Ärzten, um nur einige Informationsplätze zu nennen.
„Die Faltblätter sind mehrsprachig“, sagt Cihad Kefeli und hofft, dass sich auch in den Moscheen Ehrenamtliche finden, die das Projekt mit unterstützen. Benannt ist der Begleitdienst übrigens nach Abraham, der zentralen Figur aus dem Alten Testament und wichtig für Menschen jüdischen, christlichen und muslimischen Glaubens.
Aber natürlich sei das Angebot auch für Menschen geeignet, die keiner oder anderen Religionsgemeinschaften angehörten, betont der ehemalige Sozialpfarrer Matthias Blomeier, der ebenso wie Cihad Kefeli vom Bündnis Islamischer Gemeinden (BIG) das Projekt wichtig findet und unterstützt.
Insbesondere auf dem fast 100 Hektar großen Sennefriedhof sind die Wege weit. Angeboten werden soll der Abraham-Begleitdienst aber auf allen städtischen Friedhöfen, betont Sonja Kroll, die bei der Stadt als Abteilungsleiterin Planung und Unterhaltung für 19 Friedhöfe zuständig ist.
Für den Sennefriedhof der zu den größten Friedhöfen Deutschlands zählt, hat der Abraham-Begleitdienst einen eigenen Transponder erhalten, mit dem die Tore zur Anlage geöffnet werden können. Andere Besucher müssen sich diesen erst in der Verwaltung abholen beziehungsweise ihn anfordern.
Der Begleitdienst kann einmal monatlich kostenlos in Anspruch genommen werden. Wer Kontakt zum Abraham Begleitdienst aufnehmen möchte, ruft einfach an unter Telefon 0163/5169948 oder schreibt eine E-Mail an begleitdienst@solidaritaeterinnen.de.
Finanziert wird das Projekt über Spenden. Wer es finanziell unterstützen möchte, bekommt auf der Internetseite der Sozial AG weitere Informationen.
Großes Bild: Der Begleitdienst Abraham hilft älteren und beeinträchtigten Menschen, die ihre Lieben auf dem Friedhof besuchen möchten. Für das über Spenden finanzierte Projekt der Sozial AG werden noch ehrenamtliche Begleiter gesucht.
Kleines Bild: Stehen hinter dem Angebot der Sozial AG (von links): Cihad Kefeli (BIG), Silke Kroll (Friedhofsverwaltung), Matthias Blomeier (ehemaliger Sozialpfarrer), Franz Schaible (Sozial AG) und Alev Karabag (Projektleiterin).
Fotos: Friso Gentsch
